Sonntag, 3. Mai 2015

Grünes Blattgemüse: Jungbrunnen für‘s Gehirn

David Gutierrez

Eine Ernährung mit viel grünem Blattgemüse kann das altersbedingte Nachlassen der kognitiven Fähigkeiten deutlich bremsen. Das ergab eine Studie von Forschern des medizinischen Zentrums an der Rush University, die am 30. März bei der KonferenzExperimental Biology 2015 in Boston vorgestellt wurde.

Die Wissenschaftler stellten fest, dass die schützende Wirkung des Gemüses zum großen Teil auf Vitamin K zurückzuführen war. Der Körper bildet es aus einer Vorstufe, die in grünem Blattgemüse reichlich enthalten ist.

»Jetzt, wo die Babyboomer-Generation allmählich alt wird, besteht große Nachfrage nach einem Lebensstil, der den Verlust des Gedächtnisses und sonstiger kognitiver Fähigkeiten verhindert«,erklärte Erstautorin Martha Clare Morris. »Unsere Studie liefert Hinweise darauf, dass der Verzehr von grünem Blattgemüse und anderen Nahrungsmitteln mit viel Vitamin K, Lutein und Betacarotin helfen kann, das Gehirn gesund zu erhalten und seine Funktion zu bewahren.«

Finanziert wurde die Studie von den National Institutes of Health [einer Behörde des US-Gesundheitsministeriums, die sich vor allem der biomedizinischen Forschung widmet].

»Einfach, preiswert, nicht-invasiv«

Die Studie wurde an 954 Senioren durchgeführt (Durchschnittsalter: 81 Jahre), die am Memory and Aging Project teilnehmen, bei dem die Variablen untersucht werden, die die kognitive Gesundheit beeinflussen.

Zu Beginn der Studie füllten die Teilnehmer einen detaillierten Fragebogen über ihre Ernährungsweise aus, anhand dessen die Wissenschaftler ihre Nährstoffaufnahme berechneten. Anschließend wurde zwei bis zehn Jahre lang (im Durchschnitt fünf Jahre) einmal jährlich ihre kognitive Leistung überprüft.

Nach Abzug möglicher Störfaktoren wie Alter, Geschlecht, Rauchen, Bildungsstand, sportliche Betätigung und genetische Marker für Alzheimer erkannten die Forscher einen Zusammenhangzwischen dem Verzehr von grünem Blattgemüse und deutlich geringerem Verlust der kognitiven Fähigkeiten. Die Wirkung war so stark, dass die Teilnehmer, die täglich eine oder zwei Portionen Gemüse aßen, ihrer kognitiven Leistung nach elf Jahre jünger waren als die Teilnehmer, die kein Gemüse aßen.

Die Wissenschaftler suchten nach einer möglichen Verbindung zwischen kognitivem Alter und bestimmten Nährstoffen. Sie fanden heraus, dass ein höherer Verzehr von Vitamin K, Betacarotin, Folsäure und Lutein mit einem geringeren Verlust der kognitiven Fähigkeiten einherging, das heißt: Das Gehirn blieb jünger. Diese Nährstoffe liefern auch kräftig gefärbte Früchte und Gemüse.

Die Verbindung zwischen Folsäure und Betacarotin und weniger Einbußen an kognitiver Leistung war bereits in früheren Studien hergestellt worden; die neue Studie zeigt nun erstmals auch einenZusammenhang mit Vitamin K.

»Menschen, die älter werden, fürchten vor allem, Gedächtnis oder kognitive Fähigkeiten zu verlieren«, sagte Morris. »Da nachlassende kognitive Leistung bei Alzheimer und Demenz im Mittelpunkt steht, wäre der gesteigerte Verzehr von grünem Blattgemüse potenziell eine einfache, preiswerte und nicht-invasive Methode, das Gehirn vor Alzheimer und Demenz zu schützen.«

Der Verlust kognitiver Fähigkeiten ist nicht normal

Die Studie bildet einen Beleg dafür, dass der Verlust der kognitiven Fähigkeiten kein normaler Teil der Alterung ist, sondern durch einen gesunden Lebensstil weitgehend verhindert werden kann.

Die Autoren einer weiteren Studie des medizinischen Zentrums der Rush University, die 2010 in der Zeitschrift Neurology veröffentlicht wurde, vertraten die These, Gedächtnisverlust sei nie normal, sondern immer ein Zeichen einer Erkrankung oder Verletzung des Gehirns – unabhängig vom Alter. In jener Studie beobachteten die Forscher 13 Jahre lang 350 männliche und weibliche katholische Ordensleute, die einen jährlichen Gedächtnistest absolvierten.

Nach ihrem Tod wurde das Gehirn der Teilnehmer auf Anzeichen für Schlaganfall oder zwei Formen von Demenz (Alzheimer oder Lewy-Körper-Demenz) untersucht. Bei den Teilnehmern, die vor ihrem Tod nicht unter Gedächtnisverlust gelitten hatten, wurde kein Hinweis auf eine Schädigung desGehirns entdeckt.

Laut einer anderen Studie von Forschern der University of California, San Diego, und der Stanford University, die 2012 imAmerican Journal of Psychiatry erschien, kann sich die kognitive Leistung bis zum Lebensende ständig verbessern.

Dieselbe Studie zeigte, dass Menschen, die von sich selbst sagten, mit dem Altern gut zurechtzukommen, unabhängig von körperlicher Bewertung oder Störfaktoren einen geringeren Verlust kognitiver Fähigkeiten zeigten als andere, die sich schlechter einstuften – was erneut zeigt, wie wichtig die innere Einstellung für das Gesundbleiben ist.



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